Nachruf auf Prof. Dr. Klaus Held (1936-2023)
Nach seiner Dissertation an der Universität zu Köln (1963) über Husserls späte Zeit-Manuskripte und seiner Habilitation am selben Ort (1970) zu Heraklit, Parmenides und der Anfang von Philosophie und Wissenschaft wurde er 1972 Professor an der RWTH Aachen. Im Jahre 1974 erfolgte der Ruf an die 1972 neu gegründete Bergische Universität Wuppertal, wo er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2001 tätig war.
Held baute das Philosophische Seminar in Wuppertal auf, etablierte dort den phänomenologischen Schwerpunkt, der weltweit ausstrahlt und bis heute fortbesteht. Über mehrere Generationen hinweg hat er Phänomenologinnen und Phänomenologen aus aller Welt ausgebildet, wovon seine zahlreichen Schülerinnen und Schüler in Europa, Südostasien und Südamerika, aber auch in vielen anderen Teilen der Welt, sowie seine internationalen Gastprofessuren zeugen. Exemplarisch dafür stand auch das Graduiertenkolleg „Phänomenologie und Hermeneutik“ (1992-1998) in Kooperation mit Bernhard Waldenfels (Bochum). Als hervorragender Pädagoge, dessen Einführungen in Husserls Denken bis heute zu den Klassikern gehören, verstand er es meisterhaft, im Ausgang von der Untersuchung scheinbar einfachster Erfahrungen zu den tiefsten Fragen der Philosophie vorzudringen. Von 1987 bis 1994 war er Präsident der Deutschen Gesellschaft für phänomenologische Forschung, deren Ehrenmitglied er bis zuletzt war.
Phänomenologie war für Klaus Held „Phänomenologie der Welt“. Inspiriert von der antiken Philosophie, von Husserl und von Heidegger entwickelte er eigene Perspektiven auf eine Phänomenologie der politischen Welt (Frankfurt 2010), eine Phänomenologie der natürlichen Lebenswelt (Frankfurt 2012), Reflexionen zu Europa und die Welt. Studien zur welt-bürgerlichen Phänomenologie (Sankt Augustin 2013) sowie eine „phänomenologische Vergegenwärtigung“ der Geburt der Philosophie bei den Griechen (Freiburg/München 2022). Selbst in Der biblische Glaube. Phänomenologie seiner Herkunft und Zukunft (Frankfurt 2018) geht es um die Frage nach der Welt und wie in ihr der Glaube an einen monotheistischen Gott entstehen konnte. Noch in hohem Alter hat er sich mit den Herausforderungen unserer Zeit befasst, so etwa in Zeitgemäße Betrachtungen (Frankfurt 2017) oder in dem Marbach-Bericht über eine neue Sichtung des Heidegger-Nachlasses (Frankfurt 2019), mit dem er sich auf besonnene Weise für Klärung in der Debatte um Heideggers „Schwarze Hefte“ einsetzte.
Die Fachgruppe Philosophie der Bergischen Universität Wuppertal trauert um einen hochgeschätzten Kollegen, Philosophen, Pädagogen und Freund.
Prof. Dr. Alexander Schnell, Prof. Dr. Peter Trawny